„ Jedes Bild ist ein Stück Seele “

Von ANGELA KÖRNER-ARMBRUSTER – SÜDKURIER –

Norbert Sand: „ Jedes Bild ist ein Stück Seele “
Salemer Künstler verewigt die Vergangenheit in seinen Gemälden.  Wandbilder verschönern nun das Dorfgemeinschaftshaus Salem-Weildorf
„Das ist mein kultureller Beitrag für die Gemeinde und ich hab’s von Herzen gern gemacht.“

Der Kunstmaler Norbert Sand steht bei seinen großen Bildern im neuen Vereinsraum des Weildorfer Dorfgemeinschaftshauses und sieht sehr zufrieden aus. „Was Sie an dieser Wand sehen, ist nach einer alten Postkarte entstanden, die mir der Adlerwirt gezeigt hat.“ 1912 steht darauf und so hat es der Münsteraner, der vor 16 Jahren nach Salem kam, auch ins Wandbild übernommen. Einheimische wollen in dem Bübchen auf Bild den Ernst, den Vater des bisherigen Adlerwirts, erkannt haben. Der war damals drei Jahre alt. Andere argumentieren, die dargestellte Brauerei sei bereits zwei Jahre zuvor abgebrannt und es könne daher unmöglich das „Ernstle“ sein.

Was zählt nun – chronologische Korrektheit oder künstlerische Freiheit? „Beides ist wichtig“, bestätigt der Künstler. Korrekt, beinahe akribisch, ist Sand, wenn er „vor Ort“ seine Aquarelle malt. So entstand im Garten der Mesnerin die Kirche – schaut man allerdings die historische Kegelbahn an, ist da Fantasie im Spiel. „Ich hab unter dem Schild ‚Gartenwirtschaft‘ kurzerhand einen Weg hinzugefügt und der führt jetzt gewissermaßen ins Bild hinein.

Zu Historie und Kunst gesellt sich auch Spannung. „Nach dem Vergrößern der Postkarte entdeckte ich, dass das Kind neben der Wirtin eigentlich ein Hund ist. Den hat sie bestimmt gut brauchen können, falls mal jemand die Zeche prellen wollte“, vermutet Norbert Sand und erzählt, dass Kunst und Sport auch zusammengehören können.

( Ironie des Schicksals:  Einen Tag nach Abschluss der umfangreichen Wandmalereien zog sich der Künstler    eine Handgelenksfraktur zu, verordnete ihm so eine schöpferische Zwangspause …)

„Als ich das Bild von der Kegelbahn begann, musste ich unbedingt wissen, wie ein Kegler von halbschräg hinten aussieht, damit das natürlich wirkt.“ In Ermangelung einer Kugel griff er zu einer Hantel, ließ sich von seiner Lebensgefährtin fotografieren und ging wieder zurück zum Skizzenblock.

Und wie gehören all diese Puzzleteile zusammen? Begonnen hat alles vor einem Monat auf der Wiese vor dem verwaisten Dorflokal. Das denkmalgeschützte Ensemble wird zum Bedauern vieler Dorfbewohner bald in ein modernes Wohneigentum umgewandelt. „Ich hab da mit meiner Staffelei gestanden und noch ein paar Erinnerungsbilder gemalt und dabei hier und da ein weniggeplaudert“, erzählt der Künstler. Dann kamen Sands Turnkameraden auf Idee, der Maler könne sich im neuen, schmucklosen Vereinsraum „verewigen“.

Gesagt, getan – und nun loben Musiker, Turner und Narren das Werk überschwänglich. Grandios seien die Bilder und ein herrliches Stück Heimat. Mit eleganter Hand hat der künstlerische Chronist charmant und sensibel Vergangenheit und Zukunft verwoben. Ob er die Birnau, den Bodensee oder die Weildorfer Brauerei malt – sie haben für den knapp 70-Jährigen eines gemeinsam: „Jedes Bild ist ein Stück Seele!“ Am morgigen Sonntag können Interessierte beim Einweihungsfest die stimmungsvollen Bilder bewundern. An den Werktagen aber dürfen sie in der Trauer um den „Adler“ Trost spenden. Dass Tisch und Stühle gerettet wurden, ist schön. Dass der Maler sein Werk als Ehrenamt versteht, ist noch schöner. Doch dass nun in Sepia, Terra und Ocker eine gemeinsam erlebte Zeit lebendig bleibt, ist für die Weildorfer Bürger und Vereinsmitglieder am schönsten. Auch Norbert Sands Gedanken wandern beim Malen in die Vergangenheit. „Wenn ich so ein altes Gebäude betrachte, überlege ich mir, was da war, wie die Menschen gelebt haben“, sagt er. „Ich will der Atmosphäre nachspüren und sie wieder aufleben lassen.“ Dass ihm das rundum gelungen ist, beweisen die gerührten Blicke der Betrachter.

Die historische, sanierte Kegelbahn, von Norbert Sand lebendig in Szene gesetzt.

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